UN-ALIENATE!
THE SATISFACTION OF BASIC UNKNOWN NEEDS, 2021
Im Rahmen der Online-Ausstellung GASTGEBEN im Japanischen Palais (SKD Dresden) & a&o Hostels Dresden, in Kooperation mit Lucie Klysch & Maria Junker (HGB Leipzig)
Video-Animation, HD-Video, 06:45 min, Sound
Was passiert, wenn Gastgeber*in und Gäst*in einander so fremd geworden sind, dass sie sich nicht mehr erkennen? Hospitality ohne toxisches Default Setting ist nur erreichbar in der Utopie eines Freimachens von der eigenen Rolle, der eigenen Geschichte, der eigenen Spezies; sie findet nur statt in der Möglichkeit eines vollkommenen Perspektivwechsels. Einfacher gesagt: Menschsein behindert die Utopie. Und vielleicht können wir uns nur jemals ganz verstehen, nachdem wir uns ineinander verwandelt haben. UN-ALIENATE! THE SATISFACTION OF BASIC UNKNOWN NEEDS verlässt die Parameter des Gewohnten.
Was außerhalb unserer Vorstellung liegt, das kann nicht zu groß, zu klein, zu teuer oder zu minderwertig, nicht zu ungemütlich und schmutzig sein. Mit unserem Projekt möchten wir den Besucher*innen das Angebot machen sich durch einen Moment der Entfremdung irritieren zu lassen. Der Raumkünstler Raiko Sánchez entwirft dreidimensionale Visualisierungen von Gasträumen, die einen Perspektivwechsel als Angebot zur Überwindung der Krise schaffen. Surreale Raumsituationen entstehen, Wohnzimmer, deren Architektur und Einrichtung genau auf die Bedürfnisse des erwarteten Besuchs zugeschnitten sind. Doch weder der Besuch noch die Gastgeber*innen geben sich zu erkennen. Im Vordergrund steht der Gastraum als Reaktion auf unbekannte Grundbedürfnisse. Geben sich auch vereinzelt bekannte Formationen und Strukturen zu erkennen, bietet sich hier das plötzliche Eintreten in einen maximal entfremdeten Raum.
Die digitalen Interieurs scheinen nicht von dieser Welt und spielen mit unseren Erwartungen an Gastlichkeit als Ort der großen Erwartungen. In diesen Zimmern sind wir so weit von unserer eigenen Lebenswelt entfernt wie nur möglich, so nah an uns selbst in ungewohnter Gastposition wie nur möglich, oder ein Hybrid aus uns und etwas völlig Unbekanntem. Wenn diese Art des Denkens tatsächlich eine stimulierende Wirkung auf den Diskurs hätte, dann könnte vielleicht eine positive Neubewertung des Problems stattfinden, indem wir bekannte Denkmuster verlassen, um mit neuen Eindrücken zurück zu kommen. Indem wir uns unsere eigene Fremdheit bewusst machen wird eine Abstraktion einer gastlichen Situation möglich. Eine Einladung zum Ent-Entfremden wird ausgesprochen. Eine utopische Verwandlung von hospitality findet statt.
Text: Lucie Klysch & Maria Junke
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Raiko Sánchez
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Fotografien
Raiko Sánchez / Christian Rätsch / Ludwig Kupfer / Philip Hagen
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Unternehmen, die Leistungen selbständiger Künstler/Publizisten in Anspruch nehmen und verwerten, müssen eine Sozialabgabe an die Künstlersozialkasse zahlen. Die Künstlersozialabgabe wird auch für Zahlungen an Personen erhoben, die selbständig künstlerisch/publizistisch tätig sind aber nicht nach dem KSVG versichert werden können. Künstler oder Publizist in diesem Sinne ist auch, wer die künstlerische/publizistische Tätigkeit nur nebenberuflich oder nicht berufsmäßig ausübt (Beamte, Studenten, Rentner, die nebenbei publizistisch oder künstlerisch tätig sind) oder wer seinen ständigen Aufenthalt im Ausland hat oder im Ausland tätig ist.
Das reine, unverfälschte Spiel ist für unsere Entwicklung von größter Bedeutung. Nur so formen wir unseren Charakter, fördern unsere Phantasie und stärken unsere geistigen Fähigkeiten. Raikos künstlerisches Interesse ist eng mit diesem Spiel verknüpft. Thematisch wählt er den prägnantesten Ort für seine Analyse: den Spielplatz. Ein Ort, der beispielhaft für das Spiel steht und durch seine Lage im öffentlichen Raum fest in unserem sozialen Gefüge verankert ist.
Aber ein Spielplatz kann mehr sein. Losgelöst von ihrer eigentlichen Nutzung erinnern die verschiedenen Spielgeräte in ihrer Ästhetik an Skulpturen. Raiko nutzt in seinen Objekten und Zeichnungen genau diese Transformation. Er löst die Geräte aus ihrem Kontext, bedient sich ihrer Formensprache und verändert sie. Mit dem kindlichen Blick eines Erwachsenen zeigt er uns Arbeiten, die wie Spielgeräte wirken, uns aber bei näherer Betrachtung irritieren. In der Wahl der Materialien wie Metall, Gummi und Fallschutzmatten bedient er sich zwar eines urbanen Vokabulars, bricht es aber bei näherer Betrachtung. Durch die Hinzunahme von Leder, die schwarze Einfärbung der Objekte und eine veränderte Lichtsituation verschiebt sich die Deutungsebene.
Die ehemals an Spielgeräte erinnernden Skulpturen wirken nun ihrer eigentlichen Funktion beraubt, scheinen keinen Nutzen mehr zu haben und bleiben der freien Interpretation des Betrachters bzw. der Betrachterin überlassen.
Text: Christian Rätsch, Künstler
Raiko Sánchez, *1989 in Bautzen
lebt und arbeitet in Berlin
Studium:
2021
∗ Master, Raumbezogenes Entwerfen und Ausstellungsgestaltung, UdK Berlin
Fachklasse von Gabi Schillig
2019
∗ Meisterschüler, HfBK Dresden
Martin Honert
2017
∗ Diplom, HfBK Dresden
Fachklasse von Martin Honert
2015
∗ Bildhauerei – transmedialer Raum, Kunstuniversität Linz (A)
Fachklasse von Eva Grubinger
Projekte:
seit 2022
∗ WerkStadt, Berlin
2017-2022
∗ VASiSTASmag + VASiSTAS-TV
2012-2016
∗ EX14-Raum für zeitgenössische Kunst in Dresden
Preise/Stipendien/Residencies:
2023
∗ Residenzförderung, LOFFT Leipzig, Fonds Darstellende Künste im Rahmen von Neustart Kultur
2022/23
∗ Atelierraumförderung der Liebelt-Stiftung in Hamburg
2022
∗ Künstlerresidenz, dis-play, Güterbahnhof Bremen – Areal für Kunst und Kultur
∗ Stipendium Neustart Kultur, MODUL D, Deutscher Künstlerbund, zusammen mit Christian Rätsch für VASiSTAS
2019
∗ Robert-Sterl Preis
Ausstellungen:
2024
Anonyme Zeichner*innen, Kunstraum Bethanien/Kreuzberg, Berlin
A Letter from a Friend, Bacio, Bern (CH)
2023
What ́s your Lover ́s Language, Kunstverein Dresden + Galerie Épisodique, Paris
COMFORTZONE, PLAST e.V., Leipzig
IN ZUNGEN, Festpielhaus Hellerau + LOFFT, Leipzig
2022
GameON! Vol. 3 - Künstlerhaus Dortmund
Comopost Composing, Galerie für Gegenwartskunst, Freiburg
(im Breisgau) + Festspielhaus Hellerau, Dresden
GameON! Vol. 2 - Ateliergemeinschaft Neugersdorf (Sachsen)
Die Macht der Emotionen, Franckesche Stiftungen, Halle (Saale)
dis-is-play, Güterbahnhof Bremen – Areal für Kunst und Kultur, (Solo)
2021
théâtre anatomique, Galerie Stephanie Kelly, Dresden
Made by Desire, the wrong biennale (online)
Fary Paradies, Westwerk, Hamburg
XENIA: hello stranger, be my guest, A&O Kunsthalle Leipzig (online) Existenz Kapitel 2: Spuren, Oktogon Dresden (online)
Gastgeben, Japanisches Palais, Dresden (online)
2020
embodied peripherie, Performance, Brandenburger Tor, Berlin
LIFESIZE 2, Weserhalle, Berlin
Rekord Kunstkaufhalle, ACUD Galerie, Berlin
2019
I Have No Idea What Im Doing, Robert-Sterl Haus, Struppen (Solo) Meister19, Riesa efau, Dresden
LIFESIZE, C. Rockefeller, Dresden
Art For Humanism, Kunsthalle Lipsiusbau, Dresden
2018
SPÀS, Studio LOES, Berlin
TALKING MODERN, Kunstraum GEH8, Dresden
Existenz Kapitel 1: Skizzen, Oktogon, Dresden
PATCHWORK, STOFF-PAVILLON, Köln
DON GIOVANNI – Ein Fest, Zentralwerk Dresden
2017
Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?, LOTTE, Stuttgart
SPRINGHOUSE, Festspielhaus Hellerau, Dresden
LILAC.POP ein Probierzimmer, Dresden
X-ERCISE, VASiSTAS, Dresden (Solo)
2016
hohle Form, offenes Gitter, Raumschiff Linz (A)
2015
ALLSTARS, F14 – Raum für zeitgenössische Kunst, Dresden
Beautiful Youth: die Spiegelung der Fließrichtungen, mo.e Wien, (A)