2021
Hello stranger, am I invading your space, or are you invading mine?
Ob GĂ€st*in oder Gastgeber*in - das bleiben nicht die einzigen Narrative, welche die ĂŒberirdische Concierge XENIA bei ihrer FĂŒhrung durch ein virtuelles Hotel, das zur fiktiven AusstellungsflĂ€che wird, in Frage stellt.
Die Idee zum Konzept rĂŒhrt aus dem kuratorischen Interesse, mögliche Bedeutungen von âGastlichkeitâ durch eine Dekontextualisierung von Kunst zu erforschen. DafĂŒr sollten ursprĂŒnglich kĂŒnstlerische Arbeiten aus ihrer, als natĂŒrlich wahrgenommenen âBehausungâ enthoben und temporĂ€r in die Umgebung des Hotels eingebettet werden.
Der Unmöglichkeit geschuldet, diesem Vorhaben nachzugehen, wechseln die Kunstwerke erneut ihr Habitat und finden ihre digitale Ăbersetzung in Form der Videoarbeit âXENIA: hello stranger, be my guestâ, bei welcher es sich selbst um ein kĂŒnstlerisches Produkt handelt. Angeleitet von einer Avatar*in begeben sich die Besucher*innen auf eine virtuelle FĂŒhrung durch die GĂ€stezimmer eines fiktiven Hotels, in welchen es kĂŒnstlerische Positionen zu entdecken gilt, anhand derer eine gewisse ParallelitĂ€t zwischen dem Begriff der âGastlichkeitâ und den Eigenschaften des Hotels und dessen GĂ€stezimmern gezeichnet werden will. Dabei sollen etwaige VerknĂŒpfungspunkte zwischen der Betrachtung des Hotelzimmers als temporĂ€re (Raum)Situation â die sich zwischen den Bereichen des Privaten und Ăffentlichen bewegt â und Aspekte der Globalisierung oder (politischen+institutionellen) Definitionen eines vermeintlichen Innen und AuĂen sowie determinierende Körperpolitiken innerhalb öffentlicher RĂ€ume durch BeitrĂ€ge zeitgenössischer KĂŒnstler*innen offengelegt und hinterfragt werden. WĂ€hrend die analoge Version dieser kĂŒnstlerisch-kuratorischen Intervention auf performative Weise die Grenzen zwischen Privatem und Ăffentlichen durch das individuelle Verhalten der GĂ€st*innen â die sich frei zwischen den unterschiedlichen Hotelzimmern bewegen â zur Diskussion gebracht hĂ€tte, stellt sich in der digitalen Version viel mehr die Frage danach, wer GĂ€st*in und wer Gastgeber*in sei.
Dabei betrachten wir das Hotel als eine (temporĂ€re) Schwellensituation zwischen dem Ăffentlichen und Privaten und zwischen den Rollen von Gastgeber*in und GĂ€st*in, als einen Ort des stĂ€ndigen Kommen und Gehens, an dem Menschen mit den unterschiedlichsten gelebten Narrativen temporĂ€r zusammenkommen. Es kann als ein transitorischer âZwischenraumâ dienen, entfernt vom Alltag, ein Nicht-Ort, eine âHeterotopieâ par excellence. Eines der Hauptmerkmale von Hotels besteht darin, dass es auf KontinuitĂ€t, Vorhersehbarkeit und die Anforderungen der Kunden*innen/GĂ€st*innen setzt, um die Wiedererkennbarkeit der Marke zu gewĂ€hrleisten. SchlieĂt eine innere Standardisierung des Hotels die Ă€uĂere RealitĂ€t/physische Verortung aus? Ein Hotel ist dafĂŒr vorgesehen, Menschen eine vorĂŒbergehende Bleibe zu gewĂ€hren. GĂ€st*innen mĂŒssen jedoch im Gegenzug fĂŒr diese Dienstleistung bezahlen. Inwieweit wird dadurch der aufrichtige Status der Gastlichkeit beeinflusst? Welche (un)sichtbare Vorarbeit ist Voraussetzung um den Zustand von Gastlichkeit herzustellen? Und wer verrichtet diese Arbeit? Kann sich jede*r diese Art der Gastlichkeit leisten? Beziehungsweise kann sich ĂŒberhaupt jede*r frei bewegen?
Der Charakter des Hotelzimmers unterliegt einem permanenten Prozess des Ăbergangs und Wandels, ein abwechselndes Pendeln zwischen Eigenschaften, die dem Privaten und dem Ăffentlichen zugeschrieben werden. KohĂ€rent mit jenem Zustand, in welchem sich dieses degenealogisierte Heim befindet, wandelt sich auch die Definition der GĂ€st*in zu jener der Gastgeber*in. Diese Annahme wiederum lĂ€sst darauf schlieĂen, dass es sich bei den Kategorien des Privaten und Ăffentlichen um Konstruktionen handelt, die als natĂŒrlich wahrgenommen werden und deren kontextuelle Bedeutungen jeweils hierarchischen Ordnungen unterliegen. Eine Infragestellung von âKonstruktionenâ wiederum ist eng verwoben mit der Annahme von Kategorien wie Geschlecht, HeteronormativitĂ€t, EthnizitĂ€t oder Klasse. So können das Ăffentliche und das Private nicht nur durch die von den Kategorien hervorgerufenen repressiven Setzungen und Grenzziehungen bedeutsam werden, sondern auch auf möglichen emanzipatorischen Gehalt untersucht werden, etwa durch das VerstĂ€ndnis des Privaten als politisch oder der Einbindung des sich im Ăffentlichen und Privaten bewegenden, politischen Körpers. In einer derartigen Auseinandersetzung scheint es unumgĂ€nglich, eine Diskussion um eine mögliche Definition dessen, was nun mit dem Ăffentlichen und Privaten gemeint sei, zu fĂŒhren. Ist der öffentliche Raum eine verlĂ€ssliche ReprĂ€sentation der Gesellschaft, als Ort des Konflikts, der Vielfalt und des Austauschs oder wird er primĂ€r durch wirtschaftliche Interessen definiert? Wo ist der private Raum angesiedelt und wie beeinflussen die digitalen VerĂ€nderungen unserer Zeit all jenes, was wir als privat und öffentlich erachte(te)n? Wie könnten solche Reflexionen durch Kunst im Kontext dieser spezifischen Umgebung des Hotelzimmers öffentlich vermittelt, gleichzeitig aber privat erforscht werden?
Ein Hotel trĂ€gt unweigerlich auch die Symbolik des Reisens mit sich. Wie gehen wir mit einer Inbesitzname von âfremdenâ RĂ€umen und Orten um? Das Reisen besteht aus dem sĂŒĂen Versprechen in âandereâ Umgebungen einzutauchen, âandereâ Kulturen zu entdecken. Doch was hinterlassen wir und was nehmen wir mit? Was fangen wir mit unseren Augen ein? Ist es ein Geben und Nehmen oder nicht eigentlich lediglich ein Nehmen?
âXENIA: hello stranger, be my guestâ, ein Projekt kuratiert von:
Jeroen Cavents, Ewa Meister, Johanna Ralser
KĂŒnstler*innen: Vincent Everaerts, Yannick Harter, Natalia Jordanova, Cynthia Montier, Nemo Nonnemacher, Raiko SĂĄnchez, Lore Sommereyns, (mit den Gastkurator*innen Lucie Klysch und Mia Junker)
Video-Animation: Raiko SĂĄnchez
Sound-Design: Damian Dalla Torre
Xenia wurde gesprochen von: Lauretta van der Merwe
Projektkoordination: Beatrice von Bismarck, Benjamin Meyer-Kramer, Julia Kurz
Besonderer Dank: Tanja Heuchele, Julien Rathje, Nele Lederer, Ris Pascoe
Mit freundlicher UnterstĂŒtzung durch: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, die a&o Hostels, die stART foundation die a&o Kunsthalle und die HGB Leipzig
Die HGB Leipzig sowie die im Rahmen der HochschultĂ€tigkeit umgesetzten MaĂnahmen werden mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom SĂ€chsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
2021
Hello stranger, am I invading your space, or are you invading mine?
Ob GĂ€st*in oder Gastgeber*in - das bleiben nicht die einzigen Narrative, welche die ĂŒberirdische Concierge XENIA bei ihrer FĂŒhrung durch ein virtuelles Hotel, das zur fiktiven AusstellungsflĂ€che wird, in Frage stellt.
Die Idee zum Konzept rĂŒhrt aus dem kuratorischen Interesse, mögliche Bedeutungen von âGastlichkeitâ durch eine Dekontextualisierung von Kunst zu erforschen. DafĂŒr sollten ursprĂŒnglich kĂŒnstlerische Arbeiten aus ihrer, als natĂŒrlich wahrgenommenen âBehausungâ enthoben und temporĂ€r in die Umgebung des Hotels eingebettet werden.
Der Unmöglichkeit geschuldet, diesem Vorhaben nachzugehen, wechseln die Kunstwerke erneut ihr Habitat und finden ihre digitale Ăbersetzung in Form der Videoarbeit âXENIA: hello stranger, be my guestâ, bei welcher es sich selbst um ein kĂŒnstlerisches Produkt handelt. Angeleitet von einer Avatar*in begeben sich die Besucher*innen auf eine virtuelle FĂŒhrung durch die GĂ€stezimmer eines fiktiven Hotels, in welchen es kĂŒnstlerische Positionen zu entdecken gilt, anhand derer eine gewisse ParallelitĂ€t zwischen dem Begriff der âGastlichkeitâ und den Eigenschaften des Hotels und dessen GĂ€stezimmern gezeichnet werden will. Dabei sollen etwaige VerknĂŒpfungspunkte zwischen der Betrachtung des Hotelzimmers als temporĂ€re (Raum)Situation â die sich zwischen den Bereichen des Privaten und Ăffentlichen bewegt â und Aspekte der Globalisierung oder (politischen+institutionellen) Definitionen eines vermeintlichen Innen und AuĂen sowie determinierende Körperpolitiken innerhalb öffentlicher RĂ€ume durch BeitrĂ€ge zeitgenössischer KĂŒnstler*innen offengelegt und hinterfragt werden. WĂ€hrend die analoge Version dieser kĂŒnstlerisch-kuratorischen Intervention auf performative Weise die Grenzen zwischen Privatem und Ăffentlichen durch das individuelle Verhalten der GĂ€st*innen â die sich frei zwischen den unterschiedlichen Hotelzimmern bewegen â zur Diskussion gebracht hĂ€tte, stellt sich in der digitalen Version viel mehr die Frage danach, wer GĂ€st*in und wer Gastgeber*in sei.
Dabei betrachten wir das Hotel als eine (temporĂ€re) Schwellensituation zwischen dem Ăffentlichen und Privaten und zwischen den Rollen von Gastgeber*in und GĂ€st*in, als einen Ort des stĂ€ndigen Kommen und Gehens, an dem Menschen mit den unterschiedlichsten gelebten Narrativen temporĂ€r zusammenkommen. Es kann als ein transitorischer âZwischenraumâ dienen, entfernt vom Alltag, ein Nicht-Ort, eine âHeterotopieâ par excellence. Eines der Hauptmerkmale von Hotels besteht darin, dass es auf KontinuitĂ€t, Vorhersehbarkeit und die Anforderungen der Kunden*innen/GĂ€st*innen setzt, um die Wiedererkennbarkeit der Marke zu gewĂ€hrleisten. SchlieĂt eine innere Standardisierung des Hotels die Ă€uĂere RealitĂ€t/physische Verortung aus? Ein Hotel ist dafĂŒr vorgesehen, Menschen eine vorĂŒbergehende Bleibe zu gewĂ€hren. GĂ€st*innen mĂŒssen jedoch im Gegenzug fĂŒr diese Dienstleistung bezahlen. Inwieweit wird dadurch der aufrichtige Status der Gastlichkeit beeinflusst? Welche (un)sichtbare Vorarbeit ist Voraussetzung um den Zustand von Gastlichkeit herzustellen? Und wer verrichtet diese Arbeit? Kann sich jede*r diese Art der Gastlichkeit leisten? Beziehungsweise kann sich ĂŒberhaupt jede*r frei bewegen?
Der Charakter des Hotelzimmers unterliegt einem permanenten Prozess des Ăbergangs und Wandels, ein abwechselndes Pendeln zwischen Eigenschaften, die dem Privaten und dem Ăffentlichen zugeschrieben werden. KohĂ€rent mit jenem Zustand, in welchem sich dieses degenealogisierte Heim befindet, wandelt sich auch die Definition der GĂ€st*in zu jener der Gastgeber*in. Diese Annahme wiederum lĂ€sst darauf schlieĂen, dass es sich bei den Kategorien des Privaten und Ăffentlichen um Konstruktionen handelt, die als natĂŒrlich wahrgenommen werden und deren kontextuelle Bedeutungen jeweils hierarchischen Ordnungen unterliegen. Eine Infragestellung von âKonstruktionenâ wiederum ist eng verwoben mit der Annahme von Kategorien wie Geschlecht, HeteronormativitĂ€t, EthnizitĂ€t oder Klasse. So können das Ăffentliche und das Private nicht nur durch die von den Kategorien hervorgerufenen repressiven Setzungen und Grenzziehungen bedeutsam werden, sondern auch auf möglichen emanzipatorischen Gehalt untersucht werden, etwa durch das VerstĂ€ndnis des Privaten als politisch oder der Einbindung des sich im Ăffentlichen und Privaten bewegenden, politischen Körpers. In einer derartigen Auseinandersetzung scheint es unumgĂ€nglich, eine Diskussion um eine mögliche Definition dessen, was nun mit dem Ăffentlichen und Privaten gemeint sei, zu fĂŒhren. Ist der öffentliche Raum eine verlĂ€ssliche ReprĂ€sentation der Gesellschaft, als Ort des Konflikts, der Vielfalt und des Austauschs oder wird er primĂ€r durch wirtschaftliche Interessen definiert? Wo ist der private Raum angesiedelt und wie beeinflussen die digitalen VerĂ€nderungen unserer Zeit all jenes, was wir als privat und öffentlich erachte(te)n? Wie könnten solche Reflexionen durch Kunst im Kontext dieser spezifischen Umgebung des Hotelzimmers öffentlich vermittelt, gleichzeitig aber privat erforscht werden?
Ein Hotel trĂ€gt unweigerlich auch die Symbolik des Reisens mit sich. Wie gehen wir mit einer Inbesitzname von âfremdenâ RĂ€umen und Orten um? Das Reisen besteht aus dem sĂŒĂen Versprechen in âandereâ Umgebungen einzutauchen, âandereâ Kulturen zu entdecken. Doch was hinterlassen wir und was nehmen wir mit? Was fangen wir mit unseren Augen ein? Ist es ein Geben und Nehmen oder nicht eigentlich lediglich ein Nehmen?
âXENIA: hello stranger, be my guestâ, ein Projekt kuratiert von:
Jeroen Cavents, Ewa Meister, Johanna Ralser
KĂŒnstler*innen: Vincent Everaerts, Yannick Harter, Natalia Jordanova, Cynthia Montier, Nemo Nonnemacher, Raiko SĂĄnchez, Lore Sommereyns, (mit den Gastkurator*innen Lucie Klysch und Mia Junker)
Video-Animation: Raiko SĂĄnchez
Sound-Design: Damian Dalla Torre
Xenia wurde gesprochen von: Lauretta van der Merwe
Projektkoordination: Beatrice von Bismarck, Benjamin Meyer-Kramer, Julia Kurz
Besonderer Dank: Tanja Heuchele, Julien Rathje, Nele Lederer, Ris Pascoe
Mit freundlicher UnterstĂŒtzung durch: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, die a&o Hostels, die stART foundation die a&o Kunsthalle und die HGB Leipzig
Die HGB Leipzig sowie die im Rahmen der HochschultĂ€tigkeit umgesetzten MaĂnahmen werden mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom SĂ€chsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.